Motivation und Bedeutung

Intelligente eingebettete Systeme sowohl in der Automobil- als auch in der Telekommunikationstechnik sind zunehmend durch einen steigenden Vernetzungsgrad geprägt. In Zukunft wird neue Funktionalität weniger durch die Summe der Einzelkomponenten sondern durch deren gegenseitige Vernetzung realisiert. Es ist etwa denkbar, dass innerhalb eines vernetzten Systems eine neue Systemfunktion realisiert wird, ohne dass hierfür der Netzwerkstruktur neue Komponenten hinzuzufügen sind – die neue Systemfunktion also vollständig „aus der Vernetzung“ resultiert. Dieser Wandel im Produktbereich zwingt zunehmend zu einem Paradigmenwechsel im Entwurf. Der bestehende komponentenzentrierte Entwurf muss einer ganzheitlichen Sicht eines vernetzten Systems weichen, um frühzeitig die Auswirkungen der Vernetzung analysieren und bewerten zu können.

Projiziert auf die Designfähigkeit künftiger deutscher Schlüsselapplikationen lässt sich ableiten, dass mit verfügbaren Mitteln der Entwurf vernetzter Systeme, etwa x-by-wire Systeme im Bereich Automobil oder die Kopplung von Mobiltelefonen mit Einheiten zur Positionsbestimmung und komplexer mobiler Endgeräte im Bereich der Telekommunikation, mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr möglich sein wird. Diese Systeme zeichnen sich durch extrem hohe Anforderungen an Flexibilität, Zuverlässigkeit, Performanz, Echtzeit- und Fehlertoleranzverhalten aus. Andererseits besitzen derartige Systeme jedoch einen enormen volkswirtschaftlichen Nutzen und damit hohe wirtschaftliche Relevanz für den Industriestandort Deutschland: Wie aktuelle Automobil-Studien belegen, sind ca. 60% aller Unfälle mit Todesfolge auf Seitenkollisionen zurückzuführen, die in den meisten Fällen aus einer Fehlreaktion des Fahrers (Schrecksekunde, Übersteuern des Fahrzeugs, etc.) resultieren [Quelle: RESIKO Report, GVD]. Durch intelligente Systeme wie x-by-wire können diese Fehlreaktionen erkannt und durch aktive Eingriffe des Systems in das Lenk- und Bremsverhalten des Fahrzeugs kompensiert werden. Dadurch ließe sich ein Großteil besagter Unfälle vermeiden oder deren Folgen für Leib und Leben minimieren. Im Telekommunikationsbereich werden zukünftig mobile Endgeräte zunehmend durch „artfremde“ Komponenten (also Funktionsmodule, die nicht der eigentlichen Kommunikation dienen) erweitert und dadurch – neben einer Erhöhung von Mobilität und Komfort – neue Anwendungsbereiche erschlossen: Als Beispiel zu nennen sind hier etwa Mobiltelefone mit integrierter Gesundheitsüberwachung, die kontinuierlich eine Erfassung und Analyse der Körperfunktionen eines pflegebedürftigen Menschen vornehmen. Im Notfall setzt das Mobiltelefon automatisch einen Notruf mit Angabe der Positionskoordinaten der Patientin/des Patienten ab und kann so Leben retten.

Eine notwendige Voraussetzung für Wettbewerbsvorteile sowohl im Automobilbereich als auch bei der Mobiltelefonie ist die Fähigkeit, eine Vielzahl von neuen Funktionalitäten ohne Senkung der Produktivität und von Sicherheits- und Qualitätsanforderungen in wirtschaftlicher Weise zu entwerfen und in einem verteilten Systemszenario zu integrieren. Die Lösung dieser Probleme erfordert große Anstrengungen im Bereich der Forschung, die durch das Projekt VISION adressiert wurden.