Ziele

Für unsere Gesellschaft ist Mobilität ein wichtiger Faktor der Lebensqualität. Das Automobil – Synonym für Mobilität – wird in den nächsten 10 Jahren einem extremen Wandel erfahren. Der klassische Verbrennungsmotor steht vor der Ablösung durch intelligente, hybride oder rein elektrische Antriebe, um Anforderungen der Umweltverträglichkeit zu erfüllen. Leistungsfähige, zuverlässige und robuste Elektronik ist hier der Schlüssel, diese enormen Veränderungen zu ermöglichen. Darüber hinaus wird durch wachsendes Verkehrsaufkommen das Automobil neue „Fähigkeiten“ benötigen, um den kollektiven Verkehrskollaps in Deutschland zu vermeiden. Zurzeit arbeiten beispielsweise Forscher an der sogenannten „Car to Car“ Kommunikation.

Um die Entwicklungen in der Automobiltechnik zu erreichen müssen elektronische Systeme mit extremer Leistungsfähigkeit im Betrieb in kürzester Zeit die richtigen Korrekturen einleiten oder unterstützen, die im automobilen Betrieb in allen Situationen robust und zuverlässig arbeitet. Diese enormen Anforderungen an die Lei­stungs­fähigkeit der Elektronik in kommenden Fahrzeuggenerationen muss aber auch kostengünstig hergestellt werden. Um die Leistungsfähigkeit kostengünstig zu steigern, müssen Halbleitertechnologien mit immer kleineren Strukturen eingesetzt werden. Diese sind widerrum fehleranfälliger gegenüber Störungen und Umwelteinflüssen und besitzen eine geringere Lebensdauer als aktuelle Technologien. Elektronische Systeme, die robust auf Störungen reagieren können, sind zurzeit nur mit hohem Aufwand und damit hohen Kosten und Energieverbrauch möglich. Dazu werden meist in Systemen wichtige Funktionen und Komponenten mehrfach integriert und die parallel ablaufenden Berechnungen verglichen. Diese Methodik ist sehr teuer und daher häufig nur Märkten wie Luft- und Raumfahrt vorbehalten.

Mit ROBUST werden neue innovative Entwurfstechniken für die deutsche Industrie erforscht, um in 5-10 Jahren elektronische Systeme für einen robusten Betrieb kostengünstig herstellen zu können. Dazu werden mit dem Projekt zum einen Robustheitsmaße erforscht, um Robustheit erstmals zu bewerten und zum anderen Entwurfsmethodiken, die diese Robustheit gezielt verbessern. Robustheit im Betrieb kann somit durch ROBUST über die ganze Lebensdauer in elektronischen Systemen erstmals auf Basis von Robustheitsmaßen quantifiziert und gezielt schon während des Entwurfs verbessert werden. ROBUST stellt dabei neue Entwurfsverfahren der deutschen Industrie zur Verfügung, damit die Industrie die neuen Methoden in ihren Entwurfprozessen an die industriellen Anforderungen anpassen können. Hierzu regt ROBUST einen Dialog mit der Industrie an, um sie bei der Steigerung der Robustheit von elektronischen Systemen zu unterstützen.  

Wissenschaftlich technische Arbeitsziele

Die Arbeiten in ROBUST verfolgen das Ziel, elektronische Systeme in 10 Jahren mit der erforderlichen Robustheit kostengünstig entwerfen zu können. Die Herausforderungen der zukünftigen Technologien (z.B. unzuverlässige Transistoren) und sicherheitsrelevanten Anwendungen der Zukunft (z.B. Ad-hoc-Netzwerke zur Verkehrssteuerung) stehen dabei im Mittelpunkt. Ein Durchbruch bei neuen Analyse- und Optimierungsverfahren auf Systemebene wird mit ROBUST erwartet, die werden neue interessante Anwendungen und Märkte ermöglichen, die heute noch utopisch erscheinen.

Im automobilen Bereich bestehen viele elektronische Systeme aus hochkomplexen Systemen auf einem Chip (SoC), die über Trägersubstrate, Gehäuse und Leitungen miteinander verbunden sind. Diese SoCs sind neben zeitabhängigen Variabilitäten auch einem Störungsfeld durch Umwelteinflüsse ausgesetzt. Durch die Miniaturisierung der Systeme wächst die Sensitivität und Störanfälligkeit der SoCs. So treten beispielsweise bereits bei Technologien von 65 nm verstärkt Elektromigration und Störungen durch Alpha-Strahlen auf. In zukünftigen Technologien treten diese und andere Effekte noch stärker in den Vordergrund. Ihnen wird durch eine robuste Auslegung nanoelektronischer Systeme begegnet, damit ihr zuverlässiger und langlebiger Betrieb auch für die in 10 Jahren und später aktuellen Technologien weiterhin gewährleistet werden kann. Dies ist für die zukünftig noch weit höher integrierten SoCs um so wichtiger, da die Ausfallwahrscheinlichkeit des gesamten Systems sich überproportional mit der steigenden Zahl der auf dem SoC integrierten Systeme erhöht.

Steigerung der Robustheit durch neue Entwurfsmaßnahmen

Mit ROBUST wird die Robustheit eines SoCs schon im Entwurfsprozess berücksichtigt, da es sich dort am effektivsten steigern lässt. Bereits auf Systemebene werden Architekturmaßnahmen zur Stressreduktion, Stresstoleranz und Zuverlässigkeitssteigerung getroffen, da sich auf tieferen Abstraktionsebenen angewendete Maßnahmen nur lokal auswirken und eine Kompensation von zeitabhängigen Variabilitäten oder fehlerhaftem Verhalten nur schwer umsetzbar ist. Ferner ist es das Ziel robust­heits­steigernde Maßnahmen auf Systemebene durch den engen Applikationsbezug zu erreichen, da intelligente Kompensationsmaßnahmen im Gegensatz zu einfachen strukturellen Redundanzverfahren sehr viel flächengünstiger und damit kostengünstiger realisierbar sind. Umgekehrt können aussagekräftige Systembetrachtungen nur dann getätigt werden, wenn technologiespezifische Einflussfaktoren auf die Robustheit eines Systems geeignet durch abstrakte und auf Systemebene anwendbare Komponentenmodelle beschrieben werden können. Zusätzlich werden in die Robustheitsbetrachtungen unterschiedliche Typen von Plattformkomponenten einbezogen. So wird die Robustheit digitaler Module ebenso verbessert, wie von analogen und Mixed-Signal-Modulen.

Definition und Messbarkeit von Robustheit

In ROBUST wird deshalb untersucht, wie höhere Abstraktionsebenen im Schaltungs- und Systementwurf genutzt werden können, um die Robustheit zu steigern. Das Projekt ROBUST setzt sich zum Ziel, erstmals die systematische Messung und Verbesserung der Robustheit nanoelektronischer Systeme auf der Basis eines zu etablierenden Robustheitsbegriffs zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wird Robustheit

Der zurzeit informelle Begriff der Robustheit ist so zu definieren, dass relevante Umgebungseinflüsse auf die Systemfunktionalität auch auf hohen Abstraktionsebenen berücksichtigt werden können: zeitabhängige Variabilitäten, Belastung durch hohe Temperaturen, Strahlungseinflüsse, elektromagnetisches Übersprechen. Die Auswirkungen auf die Systemfunktionalität sind durch analoge und digitale Modelle der Robustheit zu erfassen: temporäre, intermittierende, permanente Fehler im Werte- und Zeitbereich. Die Beziehung von Robustheit zu verwandten Begriffen wie Zuverlässigkeit und Fehlertoleranz ist zu klären.

Ein von ROBUST zu erforschendes Robustheitsmaß wird es ermöglichen auf den unterschiedlichen Abstraktionsebenen, angefangen vom kleinen Analog-Block über ein Mixed-Signal-System auf dem Chip bis hin zum gesamten SoC genaue Aussagen über die Robustheit zu treffen. Diese werden auf den höheren Abstraktionsebenen zur Analyse und Optimierung verfügbar sein und somit schnelle Beurteilung eines komplexen Systems möglich, aber auch die schnelle Identifikation von den schwächeren Gliedern im System.

Demonstration der Ergebnisse

Ein weiteres Ziel von ROBUST besteht darin, die Forschungsergebnisse des Projekts in einen auf Sicht von fünf Jahren zu etablierenden industriellen Entwurfsprozess für robuste nanoelektronische Systeme einfließen zu lassen. Zu diesem Zweck sucht das Projekt in jährlichen Workshops den Austausch mit der Industrie und strebt die Anwendung seiner Forschungsergebnisse auf ein gemeinsames Demonstrator-Design an, das in Zusammenarbeit mit der Industrie definiert wird.

Ein Entwurfsprozess für robuste nanoelektronische Systeme

‎Abbildung 1 zeigt den klassischen Entwurf, bei dem eine Systemspezifikation auf Register-Transfer und analoge Blockebene implementiert und von dort automatisch aber ohne Berücksichtigung der Robustheit synthetisiert wird. Erst auf der Transistorebene existieren Modelle zur Vorhersage der Robustheit. Die Simulationszeit auf Transistorebene ist sehr hoch und Modifikationen zur Erhöhung der Robustheit ziehen gegebenenfalls eine erneute Implementation und Synthese nach sich. Der Arbeitsplan sieht vor, dass Robustheitsmodelle auf Komponenten- und Blockebene erforscht werden. Auf Basis dieser Modelle werden Analysemethoden erforscht, um direkt aus der Systemspezifikation und deren Modellierung Robustheitsmaße abzuleiten. Weiterhin werden Verfahren erforscht, um automatisiert aufwändige, die Robustheit steigernde Optimierungen direkt an der Spezifikation, bei der Implementation und während der Synthese vorzunehmen. Bei der Forschung wird berücksichtigt, dass sich die Maßnahmen zur Robustheitssteigerung auch schrittweise in aktuelle Entwurfsprozesse integrieren lassen und daher auch individuell einsetzbar sind.

Abbildung 1: Projektergebnisse, eingebettet in den Entwurfsprozess nanoelektronischer Systeme