Ziele

Das Auto, als wichtigstes, individuelles Verkehrsmittel unserer Zeit, wird immer mehr zu einem fahrenden Elektroniksystem. Denn durch die Elektronik kann nicht nur der Service im Auto stetig verbessert werden, viel wichtiger sind die Zunahme der Verkehrssicherheit und der Schutz der Verkehrsteilnehmer vor Unfällen durch die Errungenschaften der Mikroelektronik. Seit der Einführung des elektronischen Antiblockiersystems für die Bremsen hat sich trotz zunehmenden Straßenverkehrs die Zahl der Unfalltode in Deutschland mehr als halbiert. Um die Verkehrssicherheit weiter zu erhöhen, werden so genannte Fahrerassistenzsystemen eingeführt. Mit diesen sehr komplexen, elektronischen Systemen wird sich die Zahl der elektronischen Komponenten im Auto weiterhin stark erhöhen (siehe Abbildung unten).

Abbildung 1: Mikroelektronikverbrauch für Kfz (Quelle: ZMD 2006)

Dabei müssen die elektronischen Autosysteme von morgen wahre Alleskönner sein - und diese Anforderung geht mit einer extrem hohen Komplexität einher. Die hohe Komplexität entsteht einerseits durch die große Zahl und Vielfalt der Funktionen, die zum "Alleskönnertum" benötigt wird, und andererseits durch die sehr enge Vernetzung der unterschiedlichen Steuergeräte zu einem Ganzen. Systeme wie Anti-Blockiersystem (ABS), die Anti-Schlupfregelung (ASR), der intelligente Fußgängerkollisionsschutz (engl. Intelligent Pedestrian Protection System, IPPS) können nicht für sich allein agieren, sondern bilden ein Teil der zukünftigen Fahrerassistenzsysteme mit Drive-by-Wire.

Durch die Vernetzung können die Steuergeräte miteinander kommunizieren. Erst dadurch, dass die Steuergeräte miteinander kommunizieren können und aufeinander abgestimmt funktionieren, wird die Anwendung der komplexen Systeme einfach und erst dadurch können sie zum Vorteil des Kunden genutzt werden. Vernetzung und Kommunikation der bisher alleine betrachteten Systeme und die Möglichkeit komplexe Abstimmungsprozesse automatisiert ablaufen zu lassen, ermöglichen die kundenfreundliche Bedienung die letztendlich dem Schutz des Bürgers dient. Das hat aber seinen Preis. Denn die dazu notwendigen Ablaufsteuerungen der einzelnen Teilsysteme, die zuverlässig und sicher und abgestimmt aufeinander funktionieren müssen werden zunehmend komplexer und können mit existierenden Methoden nicht mehr entworfen werden. Hinzu kommt, dass diese Komponenten auch an nicht geschützten Stellen (z.B. Motor, Antriebsstrang, Chassis) eingesetzt werden und dadurch extremen Umgebungsbedingungen (wie u. a. der Temperaturbereich von mindestens -40 °C bis 175 °C) ausgesetzt werden. Die Sicherheit der Passagiere ist ein vorrangiges Kriterium bei der Entwicklung dieser Systeme. Diese müssen daher auch bei diesen extrem hohen Anforderungen absolut zuverlässig funktionieren. Ein Brems- oder Lenksystem darf auch unter widrigsten Bedingungen nicht ausfallen bzw. sicherheitsrelevante Funktionen, wie das Lenken und Bremsen, nicht verhindern. Um dem Sicherheitsbedürfnis der Autonutzer und -benutzer nachzukommen, müssen bereits während der Entwurfsphase neue Komponenten virtuell auf Herz und Nieren geprüft werden. Dazu müssen zwei Ansätze verfolgt werden:

In dem vorgeschlagenen Projekt RapidMPSoC werden für beide Entwurfsaspekte neue Methoden entwickelt. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten steht die Entwicklung von Verfahren zum Entwurf von analogen Modulen und Systemen. Der Analogentwurf ist vom zeitlichen Aufwand her heute einer der größten Flaschenhälse beim Entwurf von komplexen, heterogenen Systemen, die aus Prozessoren sowie digitalen und analogen Schaltungen bestehen. Von einer schnellen Realisierung der Innovation hängt aber wesentlich ihr Markterfolg ab. Deshalb ist eine Beschleunigung des analogen Entwurfs erforderlich, um gegen die wachsende Konkurrenz aus Asien den führenden Platz der deutschen Automobilzulieferer im Weltmaßstab zu sichern. In Zukunft werden die Marktchancen für Anwendungen im Automotive-Sektor durch eine effektive Entwurfsstrategie komplexer Mixed-Signal-Systeme mitbestimmt. In RapidMPSoC werden dafür notwendige Methoden erforscht. Deutschland sichert seine Arbeitsplätze vorwiegend über seine Innovationskraft. Aber nur der erste auf dem Markt kann einen großen Marktanteil gewinnen. Gleichzeitig muss er ein besseres Angebot in Funktionalität, Qualität und Preis als die Wettbewerber liefern. Höchste Qualität ist wichtig. Bereits eine negative Schlagzeile kann hohen Imageschaden bewirken (siehe "Elch-Test"). Deutsche Firmen können Ihre Produkte im stückzahlträchtigen Low-Cost Segment und im innovativen High-End Segment nur dann am Markt platzieren, wenn durch eine Reduktion des Entwicklungsaufwandes und einer steten Produktoptimierung die Preise in den Märkten konkurrenzfähig bleiben. RapidMPSoC wird mit seinen Ergebnissen sowohl die Innovationskraft Deutschlands durch eine 10 %ige Beschleunigung des Entwurfsprozesses trotz steigender Komplexität stärken als auch die Qualität und Sicherheit der Erzeugnisse durch sichere Beherrschung der Komplexität verbessern. Damit wird die deutsche Stärke im Bereich des Mixed-Signal-Entwurfs in der Wachstumsbranche Automobil genutzt werden, um auch in Verbindung mit Mehrprozessorsystemen die führende Stellung zu erhalten. Für die Weiterentwicklung des Mehrprozessorentwurfs werden europäische Kooperationen genutzt, die durch die Einbettung von RapidMPSoC in das gleichnamige MEDEA+-Projekt gewährleistet sind.