Ziele

PRODUKTIV+ wird durch die Ermittlung der Produktivität einen wesentlichen Beitrag leisten, Entwicklungsprojekte erfolgreich zu planen und zum Abschluss zu bringen. Die verbesserte Planbarkeit bewirkt, dass ein steigender Teil der Projekte zu Erfolg und Profit eines Unternehmens beiträgt. So trägt nicht nur die Steigerung der Produktivität, sondern auch eine verbesserte quantitative Bestimmung zur Sicherung der Entwicklungsstandorte in Deutschland nachhaltig bei. Das Projekt leistet somit einen signifikanten Beitrag zur Sicherung und zum Ausbau von Arbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung in Deutschland. Seit Bestehen der Mikroelektronik waren Software-Werkzeuge zur Entwurfsautomatisierung (EDA, Electronic Design Automation) neben der Qualifikation der Schaltungsentwickler der entscheidende Hebel zur Steigerung der Produktivität im Entwurf. Die Verwendung von Gattern für logische Grundfunktionen oder die Synthese von digitalen Schaltungen sind Methoden, die zu einer deutlichen Steigerung der Produktivität führten. Aktuell existiert jedoch eine immer weiter auseinander laufende Lücke zwischen den Fertigungsmöglichkeiten und der Produktivität in der Chipentwicklung (ITRS Roadmap [ITR03]). Eine gezielte Steigerung der Produktivität bedingt, dass vorab ermittelt werden kann, welchen quantitativen Einfluss eine Steigerungsmaßnahme haben wird. Nur durch Kenntnis der Produktivität im Schaltungsentwurf kann der Erfolg von EDA-Investitionen zur Erhöhung der Entwurfsfähigkeit auch betriebswirtschaftlich kalkuliert werden. Bislang ist die quantitative Beurteilung von entwickelten oder geplanten Verbesserungen der Werkzeuge und Methoden nicht gelöst. In der Halbleiterindustrie gibt es kein Bewertungsmodell und keine Methodik zur Ermittlung der Entwurfsproduktivität, die hinreichend präzise wären, um die angestrebte Objektivierung von Entscheidungen im EDA-Bereich zu ermöglichen. Das hier vorliegende Vorhaben hat sich daher zum Ziel gesetzt, die notwendige quantitative Messung und vorausschauende Abschätzung der Produktivität zu ermöglichen. Dazu strebt das Projektkonsortium folgendes Ziel an:

Modellierung und Messung der Entwurfsproduktivität in der Halbleiterindustrie

Die Betrachtung der Produktivität im Entwicklungsumfeld ist die wesentliche Herausforderung für das Projekt. Im Fertigungsumfeld werden in der Regel täglich größere Stückzahlen identischer oder zumindest ähnlicher Produkte als Ergebnis geliefert. In der Entwicklung sind dagegen die Stückzahlen wesentlich kleiner. Oftmals vergehen Monate, bis ein neuer Chip fertig entworfen ist. Die Vergleichbarkeit mit anderen Produkten ist in der Regel nicht unmittelbar gegeben. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, werden daher mittelbare Messungen herangezogen. So hat sich im Software Engineering der Begriff ‚Lines of Code’ als Messgröße etabliert. In der Nanoelektronik werden häufig ‚Gatter’ oder ‚Transistoren’ als Größen zur Bestimmung der Produktivität verwendet. Diese Begriffe sind problematisch, da sie nur Teilaspekte des zu entwickelnden Produktes erfassen. Transistoren sind zwar Basiselemente für die meisten Produkte, die Entwicklungsleistung ist allerdings je nach Art des Transistors signifikant unterschiedlich. Ein Transistor im analogen Teil einer Schaltung erfordert mehrere Optimierungsdurchläufe, bevor die gewünschten Eigenschaften vorliegen. Ein eingebetteter Speicherblock wird dagegen in der Regel durch Generatoren bereitgestellt. So ist der Entwicklungsaufwand identisch für Speicherblöcke mit wenigen hundert Transistoren und für größere Speicher mit mehreren hunderttausend Transistoren. Die Einflussfaktoren der Produktivität sind also sehr verschieden ausgeprägt, wodurch sich der besondere wissenschaftliche Anspruch des Vorhabens ergibt. Die Bedeutung der Entwurfsproduktivität für den Unternehmenserfolg wird auch von einer Studie untermauert, welche die Firma International Business Strategies in den Jahren 2002 und 2004 zum Einfluss der Entwurfsfähigkeit auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen von Halbleiterfirmen angestellt hat ([BRY02], [IBS02], [IBS04]). Das Ergebnis dieser Studie besagt, dass eine hohe Entwurfsfähigkeit mit hoher Profitabilität und einem hohen Marktwert korreliert. Dieser Trend wird sich angesichts der mit der Nanoelektronik verbundenen Herausforderungen an den Entwurf noch verstärken. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten, werden Firmen kontinuierlich und systematisch in ihre Entwurfsfähigkeit investieren müssen. Dieses Projekt soll die Basis für zielgerichtete Investitionen schaffen.

Wissenschaftliche und technische Arbeitsziele des Vorhabens

Im Bereich der Entwicklung nanoelektronischer Systeme wird zwar häufig der Begriff ‚Produktivität’ als Bewertungsmaßstab des Projekterfolgs verwendet, eine Messung dieser Größe ist bisher allerdings nicht zufrieden stellend möglich. Die Folge ist, dass eine einigermaßen genaue Projekt- und Kapazitätsplanung in der Halbleiterentwicklung nicht existiert. Unabhängige Statistiken zeigen, dass 85% aller Projekte in diesem Bereich ihre Zeit- und Kostenpläne nicht erfüllen [FAB04]. Bekannt und klar definiert ist die Größe ‚Produktivität’ allein im Fertigungsumfeld. Am Beispiel der Automobilfertigung sind dies die gefertigten Fahrzeuge pro Mitarbeiter und Zeiteinheit (‚Labour Productivity’). Bei zusätzlicher Berücksichtigung der eingesetzten Sachkosten wird der Begriff ‚Total Factor Productivity’ verwendet. Generell ist die Produktivität definiert als das Verhältnis von Ergebnis (Output) und Faktoreinsatz (Input): Produktivität = Output / Input

Der Verlauf einer Produktivitätskennlinie ist üblicherweise nichtlinear (Abbildung 2). Um überhaupt ein Ergebnis zu erhalten, müssen genügend Ressourcen eingesetzt werden, d.h. die kritische Masse an Ressourcen muss überschritten sein. Bei hohem Ressourceneinsatz tritt Sättigung ein, da eine weitere Steigerung des Ressourceneinsatzes keine Steigerung des Ergebnisses mehr bewirkt.

Abbildung 2: Beispiel für eine Produktivitätskennlinie Eine Produktivitätskennlinie ist nur für ein betrachtetes System gültig, im genannten Beispiel für eine Fabrik oder eine Fertigungslinie für Automobile. Im Vorhaben PRODUKTIV+ wird die Produktivität für Designsysteme zum Entwurf nanoelektronischer Systeme betrachtet. Ein solches Designsystem besteht aus folgenden Elementen:

PRODUKTIV+ strebt die Modellierung, Messung und Auswertung der Produktivitätsaspekte aller Komponenten des Designsystems sowie die Anbindung an betriebswirtschaftliche Kennzahlensysteme an. Zu diesem Zweck ist geplant, Forschungsarbeiten zu den folgenden, miteinander verzahnten Aspekten durchzuführen: